Berlin, 28.09.2017 (Marktnews): Die Ratingagentur Scope hat 16 europäische Wohnimmobilienmärkte analysiert. Ergebnis: In Norwegen und Schweden gibt es klare Signale für Preisübertreibungen. In Deutschland hingegen kann von einer flächendeckenden Preisblase keine Rede sein.
Die extreme Zinspolitik der Notenbanken hat in zahlreichen Asset-Klassen zu kräftigen Preisschüben geführt. Vor allem Immobilien in Metropolregionen haben sich zum Teil massiv verteuert. „Dass es jedoch keine flächendeckende Wohnpreisinflation in Europa gibt, zeigt sich, wenn man den Blick von einzelnen Standorten abwendet und die durchschnittliche reale Hauspreisentwicklung ganzer Länder betrachtet“, sagt Senior Analyst Manfred Binsfeld von der Scope Investor Services.
Zwischen 2000 und 2007 haben sich die Kaufpreise für Wohneigentum im Durchschnitt der hier betrachteten 16 europäischen Länder um real rund 35% erhöht. Seit Ausbruch der Finanzkrise sind sie hingegen im Durchschnitt um knapp 10% gefallen.
Hinter dieser Durchschnittsbetrachtung verbirgt sich jedoch eine sehr heterogene Entwicklung: In den Jahren bis 2007 stieg das Preisniveau vor allem in Süd-Europa. Seit 2008 hingegen steigen die Preise für Wohneigentum vor allem in den nordischen Ländern und in den DACH-Staaten (Deutschland, Österreich, Schweiz).
Norwegen und Schweden mit größtem Potenzial für Preisübertreibung
Mit Schweden und Norwegen entziehen sich zwei Länder diesem Schema. Denn beide Länder verzeichneten sowohl vor als auch nach der Finanzkrise kräftige Preissteigerungen für Wohneigentum.
Die durchschnittlichen Kaufpreise für Wohneigentum sind seit 2008 signifikant stärker gestiegen als die Mieten. Das Verhältnis von Preisen zu Mieten befindet sich in beiden Ländern auf dem höchsten Stand seit 1980.
Die Kaufpreise haben sich derart deutlich von den Mieten entkoppelt, wie wir es in Spanien und Irland unmittelbar vor dem Platzen der Immobilienblasen gesehen haben. Die Frage nach einer möglichen Häusermarkt-Überhitzung in Europa stellt sich daher aktuell hauptsächlich für Norwegen und Schweden.
In Norwegen beträgt die Schuldenlast der privaten Haushalte – ein wichtiger Indikator zur Prognose von Preisblasen – mittlerweile rund 220% des verfügbaren Haushaltseinkommens. In Schweden sind es rund 180%. In beiden Ländern ist die Debt-to-Income-Ratio seit 2007 signifikant gestiegen.
Auch bei der „Household-Debt-Service-Ratio“, die den tatsächlichen Schuldendienst der privaten Haushalte aus ihrem laufenden Einkommen ausdrückt, liegen Norwegen und Schweden mit 15% bzw. 10% im europäischen Vergleich in der Spitzengruppe.
Deutschland: Preise steigen im Durchschnitt nur moderat – Schuldenlast der privaten Haushalte sinkt sogar
Preisübertreibungen in einzelnen Metropolregionen wie München, Hamburg oder Berlin sind Realität – siehe dazu auch: Deutscher Wohnimmobilienmarkt: Ende des Booms, aber kein Crash. Dennoch: Für den deutschen Wohnimmobilienmarkt in seiner ganzen Breite geben die von Scope analysierten Kennzahlen Entwarnung.
Der durchschnittliche reale Preiszuwachs von knapp 20% seit 2008 kann den Preisrückgang der Jahre 2000 bis 2007 gerade einmal kompensieren. Das aktuelle Preisniveau für Wohneigentum liegt damit nur geringfügig über dem Niveau des Jahres 2000.
Die deutschen Haushalte müssen im Durchschnitt nur rund 6% des verfügbaren Einkommens aufbringen, um ihre Schulden zu bedienen. Verantwortlich für den im europäischen Vergleich niedrigen Wert ist zwar wesentlich die niedrige Wohneigentumsquote in Deutschland. Auffällig ist aber, dass die durchschnittliche „Household-Debt-Service-Ratio“ in Deutschland – als einzigem Land in der EU – heute niedriger ist als im Jahr 2000.
Quelle: Scope Group